signals from the outskirts of my mind

Schätze aus dem Bilder-Bergwerk des Unterbewussten


Um jene Quellen der Kreativität zum Sprudeln zu bringen, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind, griffen die Surrealisten in den 1920er-Jahren zur Methode der Écriture automatique. Beim automatischen Schreiben geht es darum, Wörter und Sätze spontan, assoziativ und scheinbar willkürlich zu Papier zu bringen. Kein Plan, keine Absicht, kein Ziel, kein Diktat der Vernunft. Mit dem Cadavre Exquis und der Frottage übertrugen die Surrealisten jene Strategie, dem Zufall Raum zu geben, auf die bildende Kunst. Mit nachhaltigen Folgen: Bis heute wandeln Maler und Zeichner auf den Spuren der Écriture automatique. Rolf Sellmann gehört zur Fraktion jener Künstler, die aus dem bilderreichen Bergwerk des Unterbewussten Schätze zutage fördern, die außerhalb der kontrollierten Komposition liegen.

Eindrücklich demonstriert das Sellmanns jüngst entstandene Serie „signals from the outskirts of my mind“. Vor einem meist starkfarbigen Hintergrund entfalten sich Kaskaden von quirligen Zeichen, die der Künstler wie in Trance gleichsam automatisch auf die Leinwand aufträgt. Ein Gewimmel und Gewusel, das sich über die gesamte, in der Regel hochrechteckige Bildfläche erstreckt und den Darstellungen eine ungeheure Dynamik verleiht.

Und zwar in unterschiedlicher, meist greller Farbigkeit. „Allez les bleus“ zitiert den Weckruf, mit dem Fans der französischen Nationalmannschaft ihr Team anfeuern; versteht sich, dass Blau, Weiß und Rot hier den Ton angeben. Grün und Gelb dominieren im Bild „green day“, Schwarz behauptet die Oberhand in den „back in black“-Varianten.

Bezogen auf die abstrakten, gleichwohl organisch wirkenden Ornamente, die an die Arabesken der islamischen Kunst denken lassen, spricht der Künstler von „hieroglyphenähnlichen Zeichen“. Doch was wollen sie mitteilen, diese Hieroglyphen? Gewiss handelt es sich hier nicht um dechiffrierbare Schriftzeichen, wie das bei den ägyptischen Hieroglyphen der Fall ist. Eher vermitteln Rolf Sellmanns „signals from the outskirts of my mind“ eine Stimmung, eine Atmosphäre. Intensiv, impulsiv, aufgewühlt, entfesselt – mit solchen Adjektiven könnte man diese Atmosphäre umschreiben. Das Eigentliche aber bleibt unsagbar – wie es sich für Kunst gehört, die diesen Namen verdient.

Text von Dr. Jörg Restorff (Kunsthistoriker und Journalist)

  • Allez les bleus; Mischtechnik aud Leinwand; 120 x 100 x 4 cm; 2021
    Allez les bleus
  • another message from my subconscious; Acryl auf Leinwand; 120 x 100 x 4 cm; 2021
    another message from my subconscious
  • back in black 1; Acryl auf Leinwand; 120 x 100 x 4 cm; 2021
    back in black 1
  • back in black vol. 5 (the snake); Acryl auf Leinwand; 60 x 80 x 4 cm; 2021
    back in black vol. 5 (the snake)
  • back in black vol.2; Acryl auf Leinwand; 120 x 100 x 4 cm; 2021
    back in black vol.2
  • green day; Acryl auf Leinwand; 120 x 100 x 4 cm; 2021
    green day