the order of the irrational


Sucht man nach einem Charakteristikum in der Kunst von Rolf Sellmann, so kann man dieses in der verblüffenden Vielseitigkeit erkennen, von der seine Bilder und Objekte Zeugnis ablegen.

Gilt für das Gros der zeitgenössischen Kunstproduktion ohnehin, dass deren Urheber sich nicht auf eine ‚Handschrift‘, erst recht nicht auf eine bildnerische Patentlösung festlegen lassen, so reizt Sellmann die künstlerische Freiheit in einem Maße aus, wie das nur jemand tut, der von Natur aus in hohem Maße experimentierfreudig ist.

Für dieses Prinzip, das man als Antidot zu jeder Form von Prinzipienreiterei betrachten mag, bietet die Serie „the order of the irrational“ ein besonders markantes Beispiel. Hier wächst zusammen, was nach landläufiger Kunsthistoriker-Meinung nicht zusammengehört: Vor einem diffusen farblichen Hintergrund, vor frei flottierenden Formen entfalten sich geometrische Gebilde: Quadrate, Rhomben, Vielecke oder Linien.

Dieses Koordinatensystem erstreckt sich über die gesamte Bildfläche, auf diese Weise den spontanen Duktus der untersten Schicht strukturierend und unterteilend. „Seelenquadrate“ heißt eines dieser Bilder – ein Titel, der nicht ohne Schalk ist, denn wenn schon niemand weiß, wo die Seele beim Menschen zu finden ist, so lässt sich dieses mysteriös-substanzlose Organ erst recht nicht in einem Quadratnetz kartieren.

In der Physik spricht man von Interferenzen, wenn sich zwei oder mehr Wellen (egal ob Schall, Licht oder Materie) überlagern. Das berühmteste Beispiel für dieses Phänomen ist wohl das erstmals 1802 durchgeführte Doppelspaltexperiment. Löschen sich die Wellen gegenseitig aus, so bezeichnet man dies als destruktive Interferenz. Verstärken sie sich dagegen, hat man es mit einem Fall von konstruktiver Interferenz zu tun.

Um Letzteres handelt es sich auch bei den Bildern der Serie „the order of the irrational“. Die impulsive, spontane Natur des Pinselauftrags wird durch den Kontrast zur kontrollierten Lineatur hervorgehoben – und vice versa.

  • danger zone; Mischtechnik auf Leinwand; ca. 145 x 100 x 4 cm; 2010
    danger zone
  • orange box; Mischtechnik auf Lw; 150 x 100 x 2 cm; 2011
    orange box
  • rays out of the blue; Mischtechnik auf Lw; 160 x 120 x 4 cm; 2015
    rays out of the blue
  • Seelenquadrate; Mischtechnik auf Lw; 100 x 80 x 2 cm; 2011
    Seelenquadrate