this is (not) a landscape

Was macht ein Kunstwerk zu einem Landschaftsbild? Bevor die Moderne die althergebrachten Glaubenssätze unserer Ästhetik außer Kraft setzte, hätte sich eine solche Frage beinahe von selbst beantwortet. Landschaftsmalerei, so lautet die klassische Definition, konzentriert sich auf einen Ausschnitt der Natur, gibt Flora und Fauna, Hügel und Gebirge, Flüsse und das Meer wieder – natürlich durch die Brille der individuellen Künstlerpersönlichkeit gesehen, dabei aber das eindeutig identifizierbare Motiv stets im Auge behaltend.

Offensichtlich, dass Rolf Sellmanns Serie „this is (not) a landscape“ in dieses traditionelle Raster nicht hineinpasst. Dazu bedürfte es nicht einmal des Titels, der René Magrittes berühmtes Bonmot „Ceci n’est pas une pipe“ zitiert – der Surrealist hatte auf etwas hingewiesen, was sich eigentlich von selbst versteht, was die Wahrnehmung aber hartnäckig ignoriert: Das Bild eines Gegenstandes ist etwas anderes als der Gegenstand selbst, obwohl es ihm aufs Haar gleicht.

Ähnlich bei Rolf Sellmanns Bildern: Wer hier nicht an Seestücke denkt, muss blind für das Meer sein. Da bilden der blaue Meeresspiegel und der grün-gelbe Himmel eine Einheit („green horizon“), dort erscheint die Ansicht einer Küste als subtile Farbnuancierung in Grau, Rot und Beige („the grey coast“). Allenfalls bricht sich eine Welle gegenständlich Bahn („the wave (Husum)“) in diesen Bildern, die auf der Schwelle von Gegenständlichkeit und Abstraktion angesiedelt sind, die man mit gleichem Recht als Meeres-Impressionen betrachten kann wie als Aktionsfeld delikater Pinselführung und geschmeidiger Malerei.

Man muss schon genau hinsehen, um darauf zu kommen, dass der Künstler in jedes Werk eine minimale Bildstörung eingeschmuggelt hat. Hier wird die perfekt anmutende Oberfläche partiell aufgebrochen, hier setzt die Malerei innerhalb der Landschaft beziehungsweise innerhalb des Kontinuums feiner Farbverläufe eigene Akzente.