painting from my inner ghosts

Pointen im Medium der Malerei

Abstrakt malen und zugleich ein Thema zur Anschauung bringen, das klingt vorderhand nach einem Widerspruch: Versteht man unter einem „Thema“ in der Regel etwas Konkretes – einen Gegenstand, ein Sujet –, so zeichnet sich abstrakte Kunst gerade dadurch aus, dass sie Festlegungen scheut, also maximal bedeutungsoffen ist. In seiner Serie „paintings from my inner ghosts“ arbeitet Rolf Sellmann an einer Synthese dieser beiden Modi der Darstellung.

Anschaulicher formuliert: Er packt den Stier bei den Hörnern – buchstäblich sogar in seinem Bild „el toro“. Der Stier, den der Künstler im Titel assoziiert, besteht aus unzähligen roten und rosafarbenen Fetzen. Als seien sie von einer Zentrifugalkraft erfasst, wirbeln sie über die Bildfläche. Was wohl das Thema ist, das Sellmann hier aufgreift? Vielleicht der Stierkampf, bei dem der Torero den Bullen mit einem roten Tuch wütend macht?

Das mag die Ausgangsbasis gewesen sein. Doch sobald der Künstler die Untermalung anlegt, beginnt sich der künstlerische Prozess zu verselbstständigen. Was heißt, er nabelt sich vom Bewusstsein ab. Während Sigmar Polke in seiner ironiegetränkten Serie „Höhere Wesen befehlen“ auf überirdische Mal-Anweisungen reagiert, erhält Sellmann seine Impulse von den „inner ghosts“.

Ironie ist auch ihm nicht fremd. Das wird klar bei Bildtiteln wie „fly like an eagle (even if you are a sparrow)“ oder „I still haven't found what I am looking for. But I know it must be pink“. Anders als Polke ist es ihm jedoch nicht um einen visuellen Gag zu tun. Seine Pointen auf der Leinwand setzt Rolf Sellmann ausschließlich im Medium der Malerei.

Text von Dr. Jörg Restorff (Kunsthistoriker und Journalist)